Schlangenbögen

Ein Schlangenbogen im Eiskunstlauf ist eine Kombination aus zwei Bögen auf unterschiedlicher Kante ohne Absetzen. Also zB. vorwärts auswärts und vorwärts einwärts. Rückwärts ist natürlich auch möglich und Teil von Prüfungen. Schlangenbögen werden also mit Kantenwechseln von auswärts auf einwärts und umgekehrt gemacht, sowie vorwärts oder rückwärts. Möglich wäre also:

  • FWO → FWI (Rva → Rve, Lva → Lve)
  • BWO → BWI (Rra → Rre, Lra → Lre)
  • FWI → FWO (Rve → Rva, Lve → Lva)
  • BWI → BWO (Rre → Rra, Lre → Lra)
Hinweis zu Abkürzungen

Ich verwende hier ein großes R und L für links und rechts, weil ich es so besser lesbar finde für Anfänger.

Mag sein, dass die Nomenklatur nicht ganz korrekt ist, aber ich finde die DEU-Abkürzungen für Anfänger und wenn man Seitenangaben aus Verallgemeinerungsgründen weglassen will, unpraktisch, wie man an diesem Beispiel sieht:

r = rückwärts
re = rechts
e = einwärts
re = rechts oder rückwärts einwärts?

Offiziell muss dann rve = rechts vorwärts einwärts oder lve = links vorwärts einwärts da stehen, denn dann ist es eindeutig. Ansonsten muss man aus dem Kontext erkennen, ob r-e oder re gemeint ist.

Und manchmal möchte man es eben komplett allgemein halten und der Kürze halber keine Seite angeben. Außerdem wird diese Nomenklatur auch nur in Deutschland verwendet und sonst fast überall die Englische, und es ist besser, gleich diese zu lernen. Wenn ich also die deutschen Abkürzungen verwende, dann versuche ich, englische zu ergänzen oder R/L groß zu schreiben, außer es sind Zitate aus Regelbüchern.

Unglaublich tolle und gar nicht verwirrende Abkürzungen der DEU

Waltraud Witte definiert in ihrem Eislaufbuch den Schlangenbogen als einen »Schritt auf einem Bein mit Kanten- und Kreiswechsel, bei gleitendem Übergang von einem Kreisbogen zum anderen.« Als ich das zum ersten Mal gelesen habe, konnte ich mir darunter gar nichts vorstellen. Mittlerweile fahre ich die Dinger selber. Deshalb an dieser Stelle ein paar hoffentlich hilfreiche Beispiele…

Spurendiagramm

Im Spurenbild sieht der volle Schlangenbogen so aus:

Was mir lange nicht klar war: Wie genau müssen diese Halbkreise eigentlich ausgeführt werden?

Nachdem ich einige Trainer gefragt habe, und diese Schritte auch selbst übe, kann ich nur weitergeben, dass mir mehrfach versichert wurde, ein Schlangenbogen bestehe aus zwei kompletten Halbkreisen. Das heißt, dass man senkrecht zur Zielgeraden ankommt und ein echter Halbkreis, keine flache Kurve, abgefahren wird.

Man kann aber zB. in diesem Video gut sehen, dass es als Element (allerdings ein Rückwärts-Schlangenbogen) hier nicht als zwei komplette Halbkreise ausgeführt wird. Statt dessen hat man hier einen kürzeren s-förmigen Bogen bzw. Kantenwechsel zwischen den Dreierschritten. Sehr genau wird das auch noch einmal hier im Video von Der Skate Club gezeigt, wo der Kantenwechsel im Schlangenbogen abgefahren wird, und die Läuferin einen kompletten Schlangenbogen abfährt.

Deshalb solltet ihr bitte immer eure Trainer fragen, wie genau welches Element in welchem Kontext auszusehen hat! Kein YouTube-Kanal und keine Webseite kann euch das für die Prüfung, die ihr ablegen wolllt so genau erklären und zeigen, wie ein Trainer vor Ort auf dem Eis!

Ausführung

Als Beispiel die Ausführung von LFO auf LFI:

  1. T-Stellung¹:
    • Knie leicht gebeugt
    • R Hüfte ausgedereht, R Fuß hinten an der L Ferse
  2. Abstoß auf LFO, R Fuß bleibt hinten, Bein gestreckt (aber nicht so weit wie in Landehaltung)
  3. Auf dem Zenit des 1. Halbkreises wird das freie Bein neben das Standbein gebracht, zum Ende des Halbkreises vorm Kantendwechsel ist das Bein dann nach vorn gestreckt, ausgedreht.
  4. Zum Kantenwechsel wird das freie Bein wieder nach hinten gebracht und der FWI-Halbkreis wird abgefahren, wobei wieder zum Zenit das Bein am Standbein vorbeigeführt wird, bis es am Ende des Halbkreises ausgedreht vorne ist.

Theoretisch kann man, wenn man genug Schwung hat, so viele solche Kantenwechsel-Bögen aneinander hängen, wie man will.

Unterschied zu Schwungbogen und Kantenwechsel

Ein Schlangenbogen besteht im Prinzip aus zwei Schwungbögen. Ein Schwungbogen ist ein Auswärts- oder Einwärtsbogen mit ausfallender = schwungvoller, aber kontrollierter(!) Beinbewegung (vgl. Witte, Eiskunstlauf-Basics*, S. 106ff).

  • 1 einzelner Halbkreis = 1 Schwungbogen (einwärts oder auswärts)
  • 2 einzelne Halbkreise mit 1 Beinwechsel dazwischen = 2 Schwungbögen (einwärts oder auswärts)
  • 2 Schwungbögen (Halbkreise!) auf unterschiedlicher Kante ohne Beinwechsel verbunden mit Kantenwechsel = 1 Schlangenbogen

Und dann gibt es noch die Frage, was der „Unterschied“ zum Kantenwechsel ist. Ein Kantenwechsel ist genau das: nur ein Wechsel der Kante. Üblicherweise natürlich mit entsprechender Schwungbewegung des Spielbeins und der Arme (was man sich am besten auf dem Eis korrekt zeigen lässt). Der Kantenwechsel ist ein Abschnitt des Schlangenbogens, wie hier eingezeichnet als COE = change of edge:

Schlangenbögen als Prüfungselement

Schlangenbögen bzw. Kantenwechsel können als Prüfungselement vorkommen und in Kombination mit anderen Schritten verwendet werden, zB. mit Loops (Schlaufen), Chassés, Mohawks oder Dreierschritten.

In der Kunstläufer-Prüfung werden Schlangenbögen abgefragt als »Schlangenbogen im Wechsel« »aus einem Chasséschritt« (Quelle: Durchführungsbestimmungen DEU, 2024)

  • „Schlangenbogen vave – Drvera – umdrehen“
  • „Schlangenbogen vave – Drvera – umdrehen“

Ausgeschrieben:

Vorwärts-auswärts auf vorwärts-einwärts Schangenbogen, dann Dreierschritt von rechts vorwärts-einwärts auf rückwärts-auswärts, dann umdrehen und wiederholen.

Ausführliche Beschreibung:

Es müssen beide Seiten L/R gezeigt werden. Hier Links als Beispiel:

  • Chasséschritt (zB. Abstoß R, Chassé L)
  • links vorwärts-auswärts auf links vorwärts-einwärts Schlangenbogen fahren
  • Einwärtsdreierschritt = von rechts vorwärts-einwärts auf rückwärts auswärts
  • Da man jetzt rückwärts steht, muss man wieder umsetzen auf vorwärts

In Kürklasse 7 (siehe Screenshot) werden Schlangenbögen in dieser Kombination geprüft:

  • Schrittfolge aus Schlangenbögen ve/va + re/ra mit Verbindungselementen bds.

D.h. es ist eine Schrittfolge, bei der ein vorwärts-einwärts auf vorwärts-auswärts Schlangenbogen mit einem rückwärts-einwärts auf rückwärts-auswärts Schlangenbogen verbunden wird, zB. über einmaliges Umsetzen und einen Dreierschritt. (Rein theoretisch könnte man auch jedes andere Verbindungselement verwenden, das einen vorwärts-auswärts-auf-rückwärts-einwärts Kanten- und Richtungswechsel initiiert, zB. einen Bracket-Turn aber warum sollte man es sich unnötig schwer machen?)

Was man genau machen soll, wie lang die Bögen sein sollen usw., sind den Trainern bekannte Standard-Schrittkombinationen, die man eben dann gezeigt bekommt, wenn man sich auf die jeweilige Prüfung vorbereitet.

Ich habe leider noch keine (v.a. keine aktuellen) Bücher gefunden, in denen die ganzen Prüfungsschritte mal sauber erklärt und skizziert werden würden…

Kürklasse 7 Elemente

Verwendete Begriffe

  • lva / rva = links vorwärts-auswärts = LFO / RFO
  • lve / rve = links / rechts vorwärts-einwärts = LFI / RFI
  • R / L = rechts / links // rechtes Bein / linkes Bein
  • D = nicht weiter definierter Dreierschritt

Weiterführende Quellen

¹T-Stellung wird im Deutschen auch gern als V-Stellung bezeichnet, im Englischen ist aber „T-position“ gebräuchlicher.

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