Was ist Eiskunstlauf Off-Ice Training?
Off-Ice Training bezeichnet alle Trainingsformen außerhalb der Eisfläche, die gezielt die körperlichen Voraussetzungen für das Eiskunstlaufen verbessern. Das umfasst sehr verschiedene Übungen: Krafttraining, Sprungkraftübungen, Ausdauertraining, Dehnungen usw.
Meiner Meinung nach profitieren Erwachsene und Kinder leicht unterschiedlich vom Off-Ice Training. Die Gelenke von Kindern sind sehr empfindlich und der Muskelmantel meist noch nicht so ausgeprägt. Wenn man deshalb nur Dehnbarkeit aber keine Kraft aufbaut, erhöht man das Verletzungsrisiko. Das ist zwar bei Erwachsenen auch so, aber aufgrund Verkürzungen, Zeitmangel und ohnehin oft eingeschränkter Bewegungsweite dauert es sowieso länger, ein gutes Niveau zu erreichen.
Bei den Kindern ist es eher umgekehrt, wie ich finde: Der Kraftaufbau dauert länger als die Flexibilität zu entwickeln (meistens, nicht immer). Der besondere nutzen vom Off-Ice Training für Kinder ist deshalb vor allem, dass die überhaupt erst mal ein Niveau von Kraft und Athletik erreichen um explosive Bewegungen wie Sprünge regelmäßig trainieren zu können. Allgemein kann man sagen: Niemand, aber vor allem keine kleinen Kinder, sollten Explosivtraining machen bevor sie nicht ein mehrwöchiges oder sogar mehrmonatiges Konditions- und Krafttraining abgeschlossen haben. (Und so funktioniert es auch normalerweise: Bevor man nämlich springen darf, lernt man erst viele andere Basics.)
Der Nutzen von Off-Ice Training für Kinder und Jugendliche
- Muskelaufbau: Stärkung der Muskulatur bevor explosive Bewegungen geübt werden dürfen.
- Ausdauer: Verbesserung der Kondition für längere Programme und Trainingseinheiten.
- Sprungkraft: Sichereres, höheres und stabileres Abspringen und Landen.
- Disziplin: Entwicklung von Routine, Gemeinschaftssinn und Sportsgeist.
- Erhalt der Form in der Sommerpause: Im Sommerloch kann man mit Off-Ice Training Kondition und Flexibilität erhalten.
Warum ist Off-Ice Training besonders wichtig für Erwachsene?
Für Erwachsene gibt es aber analoge Benefits. Die Sprungkraft aufzubauen kann länger dauern als bei den Kindern, was auch an der ungünstigeren Anatomie und Physiologie vieler Erwachsener liegt (breitere Hüften und Schultern, Fettdepots und eingeschränkte Bewegungsfähigkeit).
- Konditionsaufbau: Unterstützung der allgemeinen Fitness: Cardiovaskuläre Gesundheit, Lungenvolumen, Mobilisierung und Koordination der maximalen Menge von Muskelfasern.
- Fettabbau: Ein gesundes Körpergewicht erleichtert den Sport sehr, vereinfacht die Rotation und vermindert das Verletzungsrisiko bei Stürzen und durch Gelenkschäden bei Überbeanspruchung.
- Gelenkstabilisierung: Schutz und Stärkung der Gelenke durch einen leistungsfähigen Muskelmantel, der den Impuls insbes. beim Laden dämpft.
- Sturzprävention: Selbstvertrauen, bessere Balance und Reaktionsfähigkeit.
- Überwindung mentaler Blockaden: Duch gezieltes Training kann man mehr Kraft und damit mehr Vertrauen in sich selbst aufbauen.
Der letzte Punkt ist mir besonders wichtig: Mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, vor allem durch Kraftaufbau und Entwicklung eines Muskelgedächnisses – denn viele Blockaden sind gar nicht psychisch, sondern eigentlich nur die Unsicherheit, die von einem fragilen Bewegungsapparat kommt. Man spürt ganz instinktiv, dass man unfit und Sprüngen nicht gewachsen ist, und das ist ein normaler und gesunder Schutzmechanismus unseres Körpers! Da gibt es auch nichts zu überwinden, sondern man muss damit arbeiten, was dieses Signal einem vorgibt: Es ist eine Unsicherheit da, und man kann diese abbauen, durch gezieltes Training. Nicht durch falschen Mut.
Erwachsene stecken Stürze außerdem wesentlich schlechter weg als Kinder, und zwar mit zunehmendem Alter immer mehr. Es ist weniger intuitiv zu fallen und man baut auch einfach gewisse Ängste auf, v.a. als Frau mit der Gefahr von Osteoporose ab einem bestimmten Alter. Insofern wirkt Off-Ice Training präventiv, aber auch bestärkend im psychischen Sinn. Es hilft, sich sicherer zu fühlen. Und diesen Effekt darf man nicht unterschätzen.
Warum Sprünge erst nach Off-Ice Training?
Alle Sprünge sind hoch belastende, explosive Bewegungen. Ohne ausreichende Vorbereitung steigt das Verletzungsrisiko – insbesondere für die Knie. Untrainierte Sprünge setzen den Gelenkknorpel enormem Druck aus, was langfristig zu Schäden führen kann. Einmal geschädigter Knorpel regeneriert sich kaum, daher ist es entscheidend, die Muskulatur vorher gezielt aufzubauen.
Bevor man nicht mehrere Wochen Off-Ice Training hinter sich hat, sollte man meiner Meinung nach auf dem Eis gar keine Sprünge machen, wie zB. auch im Buch „Conditioning for Figure Skating“ erklärt wird. Der Grund ist, dass man keinen ausreichenden Muskelmantel zum Schutz der Knie-Gelenke hat, wenn man untrainiert springt. Knorpel ist ein Gewebe, welches extrem druckempfindlich ist. Ein Knorpelschaden ist meist permanent und von lebenslangem irreversiblem Nachteil für den Körper.
Sprünge mit Übergewicht sind grob fahrlässig und ganz sicher nicht „body-positive“
Ich finde es in Anbetracht dieser Tatsache inbesondere grob fahrlässig und fern jeden Sportsgeist, im Internet die Falschinformation zu verbreiten, Eiskunstlauf sei ein Sport, den jeder und jede betreiben könne – egal welches Körpergewicht, welche Beweglichkeit, welches Alter usw. Das ist eine Lüge. Und es ist auch bestimmt nicht „body positive“, was ja auch so ein Kampfbegriff geworden ist. Training unter falschen Voraussetzungen ist höchstens „body schädlich“.
Eiskunstlauf ohne Sprünge ist erstens kein Eiskunstlauf, sondern bestenfalls Eistanz – woran nichts Schlimmes ist, das ist ein wunderschöner Sport – aber ich möchte hier gern festhalten, dass Sprünge ein essentieller Teil des Eiskunstlaufs sind, und insofern kann man sich nicht damit herausreden zu behaupten „man müsse ja nicht springen“. Äh ja, musst du nicht, dann bist du aber auch kein Eiskunstläufer.
Eiskunstlauf besteht nicht nur aus Sprüngen, aber ohne Sprünge ist es kein Eiskunstlauf
Wenn wir also von Eiskunstlauf reden, dann reden wir auch von Sprüngen. Und Sprünge auf dem Eis sind bei Übergewicht, Osteoporose oder ungünstiger Konstitution kontraindiziert. Das richtet sich also keineswegs nur an adipöse Läufer, sondern auch Leute, die zB. zu dünn sind oder „skinny fat“. Solche Menschen haben kaum Muskeln aber zu viel Fett, und sind trotzdem insgesamt nicht schwer genug um als adipös zu gelten. Es ist aber eine sehr ungünstige Physiologie und deshalb sollte man, wenn man so konstituiert ist, erst daran arbeiten, Muskeln auf- und fett abzubauen, bevor man seinen Bewegungsapparat irgendwelchen spätehrgeizigen Höhenflügen aussetzt.
Um es noch einmal ganz klar zu stellen: Ja, ich bin absolut der Meinung, dass man insbesondere mit Übergewicht oder als Person, die „skinny fat“ und damit per se garantiert eher unfit ist, nicht zu früh mit Sprüngen anfangen sollte, sondern man muss seinen Körper wirklich erst ausgiebig darauf vorbereiten. Alles andere ist sog. „ego training“. Es erhöht die Verletzungsgefahr und hemmt den Fortschritt. Denn wer keine Kraft hat, lernt Bewegungen langsamer, unsicherer und oft auch einfach falsch.
Formen des Off-Ice Trainings
- Konditionstraining & Athletik: Verbesserung von Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit.
- Eisspezifisches Training: Technikübungen wie Sprünge, Pirouetten und Achstraining.
- Eiskunstlauf-Ballett: Schulung von Haltung, Eleganz und Flexibilität.
- Kraft- und Dehnungstraining: Immer in Kombination, um Verletzungen zu vermeiden.
Warum reicht (mir) „ins Gym gehen“ nicht?
Ich unterhalte mich ja ab und zu mit anderen Skatern und gerade jüngere Leute, so 20+ gehen nicht nur aufs Eis sondern auch ins Gym. Ich habe das bis vor einem halben Jahr auch gemacht – und es dann aufgegeben, weil Off-Ice Training und Eislaufen mir einfach mehr bringt für meinen Körper, das merke ich ganz deutlich. Woran? Am Einkäufe schleppen, am Kind hochheben, an der geringeren Müdigkeit am Abend, an besserer Laune… Mag sein, dass man das alles auch im Gym bekommt, aber ein entscheidender Unterschied ist, dass die meisten klassichen Fitness-Drills absolut nichts mit Eiskunstlauf zu tun haben und relativ für den Sport bringen. Ich möchte da lieber zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen als alles doppelt und dreifach machen und eben so viel mehr dafür zahlen.
Meiner Meinung nach haben die wenigsten Fitnessstudios eine Ausstattung, die für Eiskunstlauf sinnvoll ist. Das beste gerät ist der Kabelturm, da man hier gegen Widerstände zB. Gleitschritte oder explosive Armbewegungen üben kann. Für Anfänger ist das aber nur teilweise sinnvoll. Will heißen: braucht man nicht. Kann man daheim oder im Stadion umsonst machen.
Dazu kommt, dass der Platz oft noch beschränkt ist und man mit Sprüngen eher die anderen Leute stört. Das kann man auf dem Stadiongang, draußen oder daheim machen.
Wenn man aber persönlich einfach Freude daran hat, und es einem hilft die Kondition zB. zu erhalten, dann sollte man das natürlich weiter machen. Nicht dass jetzt jemand anfängt zu heulen, ich würde auf dem Studio rumhacken. Blödsinn. Aber: Wenn man anfängt Eiskunstlauf off-ice zu üben, dann soll man sich bitte nicht einreden lassen, man würde was verpassen, wenn man nicht ins Studio latscht. Ihr verpasst gar nichts, das geht alles auch so.
Off-Ice Training zu Hause – Ausrüstung
Fürs Off-Ice Training zu Hause braucht man im Prinzip nur ganz wenig Ausrüstung:
- Yogamatte, Blöcke und eine Decke, optional: Slider (für Spagat)
- Foam Roller (zu Ausrollen nach dem Dehnen/Training abends)
- Gymnastik-Band (vor allem für Schulterflexibilität hilfreich)
Sprünge etc. würde ich persönlich eher nicht in der Wohnung üben, auch wenn man Platz hat. Man ist doch irgendwie immer eingeschränkt durch die Räume und Möbel, und für den Boden ist es auch nicht gut, da man zum Sprungtraining unbedingt Turnschuhe tragen sollte.
Das gleiche gilt für Pirouetten. Die gängigen Spinner zerkratzen alle den Boden (ausnahme: kugelgelagerte diskusförmige Spinner, aber die sind halt auch nicht so gut). Mit Teppich drunter geht’s. Aber der Eishallenboden ist am Ende, wie ich finde, doch besser. Es reicht übrigens meiner Erfahrung nach, täglich 5-10 min Pirouetten zu üben, um sich signifikant zu verbessern. Ich würde es einfach jedes Mal machen, wenn ich im Stadion bin, dann hat man das gleich weg!
Off-Ice Sprungtraining draußen oder in der Halle
Halten wir fest: Eiskunstlauf-Yoga, Ballett und Dehnen geht super zu Hause. Aber den Rest macht man dann am besten draußen, auf einer großen Terrasse oder in der Eishalle. Alles was man dafür fürs Off-Ice Training braucht ist:
- ein Springseil
- eine (klappbare – lieb ich! auf jeden Fall eine robuste) Yogamatte (ja, ich hab extra eine nur dafür!)
- Stützende Turnschuhe (Ich mag die von Asics, ich würde keinesfalls die „neutralen“ nehmen, und sie müssen zum manuell Schnüren sein, da das für eine bessere Anpassung an den Fuß sorgt und für stabileren halt! Auf gar keinen Fall ein Freizeitschuh, die haben alle keinen Halt und auch keine vernünftige Sohle.)
Optional:
- Tennisball (zB. für Hüftöffner-Übungen an der Wand oder für Sprungübungen zu zweit)
Und natürlich:
- passende Klamotten
- ein Haargummi
- und ne Trinkflasche.
Das sind meine absoluten Essentials, ohne die geh ich gar nicht aus dem Haus. Aber nun zu meiner persönlichen Story und wie ich dazu gekommen bin, 5 Tage pro Woche off-ice zu trainieren.
Meine Erfahrungen mit Off-Ice Training
Anfangs fand ich Off-Ice Training dröge und überflüssig. Ich habe lange Zeit gar kein Off-Ice gemacht, weil es mich nur frustriert und gelangweilt hat. V.a. da ich auch nicht sehen konnte, dass es mir was fürs Eis bringt. Die Fortschritte waren so klein, das Training langweilig und zäh – und ermüdend. Ich hatte insgesamt eher den Eindruck, dass es mich noch unnötig auspowert. Jetzt aber, seit ich regelmäßig off-ice trainiere, merke ich den Effekt sehr deutlich. Es ist nur schade, dass ich das erst so spät für mich herausfinden könnte – und deshalb schreibe ich das alles hier. Ich möchte euch dazu bringen, lieber früher als später mit dem Off-Ice Training anzufangen. Es hat nur Vorteile!
Ich habe im Laufe meiner… äh „Eislaufkarriere“ kann man’s nicht nennen… aber ihr wisst, was ich meine… Eislaufzeit… dann irgendwann spezifische Übungen von meinen Trainern bekommen. Ich mache jetzt ganz gezielt Sprünge, Pirouetten, Koordinationsübungen, Achstraining und Kondi. Dadurch, dass diese Übungen auch gut zum Eislaufen passen, merke ich keine Ermüdung. – Wenn ich es nicht übertreibe. Die optimale Trainingsdauer für mich ist 20 min. Das muss man selbst rausfinden! Die Kinder machen 3× wöchentlich je mind. eine Stunde. Aber ich mache lieber tägliche kürzere Einheiten. Ermüdung beim Off-Ice-Training ist nämlich ziemlich gefährlich. Sie kann dazu führen, dass man beim Landen umknickt und, weil man im Gegensatz zum „on-ice“ keinen stüzenden Schuh hat, passieren hier tatsächlich mehr Versauchungen, Dehnungen und andere Gelenkschäden!
Eine Anmerkung zu Ausdauer…
Ich möchte das nicht weg lassen: Ich supplementiere regelmäßig Magnesium und Creatin, was wie ich finde deutlich die Regeneration und Ausdauer verbessert. V.a. die letzten beiden Sommer-Camps hätte ich ohne gar nicht durchgehalten. Das sind meiner Meinung nach die beiden wichtigsten Nahrungsergänzungsmittel im Sport. Natürlich neben gesunder Ernährung, die halt echt die Grundlage für alles ist. Das und Schlaf, die geheime Zutat, die keiner hören will… (Ohne Schlaf sind bei mir alle Sprünge halb so hoch und ich falle doppelt so oft hin oder lande auf der Kante.)
Der Anfang war holprig…
Wie dem auch sei, am Anfang hatte ich leider gar keine Ahnung, was ich machen sollte, und habe v.a. oft zu lange trainiert. 20 min am Tag reichen mir jetzt wie gesagt. Wenn ich 60 min oder länger mache, dann habe ich nur Muskelkater, und davon halte ich nichts. Ich bin auch von dem ganzen „train to failure“-Ding komplett weg.
Als ich noch im Gym Gewichte hoch und runter gerödelt habe, war das mal mein heiliger Grahl. Heute halte ich es weitgehend für Bullshit. Und es scheint auch so auszusehen als ob es eher zu besseren Ergebnissen führt, ein paar „Reps“ „in the bank“ zu lassen, um das mal in übelstem Denglisch auszudrücken. Also eben nicht ganz an die eigenen Grenzen zu gehen, bis man nicht mehr kann. Das wird auch gut klar, wenn man sich überlegt, was passiert, wenn man das auf dem Eis machen würde: Entweder wird man zittrig oder man stürzt. Nicht gut.
Aber zurück zum Anfang. Ich hatte also keine Ahnung, was ich genau tun soll, denn ich hatte keinen Trainingsplan. Wenn ich dann mal Privatstunden hatte, habe ich es gleich maßlos übertrieben, und danach konnte ich dann kaum noch (eis)laufen. So war off-ice für ich immer irgendwo zwischen „nutzlos“ und „viel zu anstrengend“.
Nach einer Pause hab ich’s noch mal versucht
Dieses Jahr habe ich dem Off-Ice Training dann doch noch mal eine Chance gegeben. Ich wollte mich endlich verbessern und meine Sprünge schaffen. Denn ganz oft war es auf dem Eis noch so, dass ich mir Sachen einfach nicht zutraute. Wenn ich mich dann aber überwinden konnte, ging es irgendwie. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass diese psychischen Blockaden aber eher Kraft-Blockaden waren.
Wie o.a. merkt der Körper eben schon, wenn er für eine Übung noch nicht bereit ist, und dann möchte dein Hirn dich logischerweise davon abhalten, das zu tun. So wie du auch abschätzen kannst, ob du es schaffst über einen kleinen Bach zu springen oder nicht. Deine „Beine“ wissen das irgendwie. Und das einzige, was man dagegen machen kann, ist ihnen einen Grund zu geben, dass sie glauben, man schafft den Sprung wirklich.
Deswegen habe ich dann fast völlig frustriert und ein bisschen gleichgültig angefangen, täglich off-ice zu machen. Mehr so mit dem Gedanken: „Schaden tut’s nicht“… und ich friere nicht so im Stadion, während meine Tochter ihr Ding auf dem Eis macht. Daraus wurde dann erstaunlich schnell eine Routine, auch weil ich gleichzeitig mit dem Dehnen anfing. Ich möchte nämlich dieses Jahr noch meinen Spagat schaffen, endlich wieder nach fast 30 Jahren! Dehnen allein ist aber nicht genug und irgendwie bin ich dann über meine Spagat-Routine zu Kondi zurück gekommen…
Ich habe mir dazu sogar einen Habit-Tracker installiert, obwohl ich sowas eigentlich vollends dämlich finde. Ist aber gut, um den Überblick zu behalten. Und das hat gut funktioniert. Das Off-Ice in kleinen Häppchen funktioniert viel besser als das Off-Ice einmal im Monat mit Trainer, wonach ich 2 Wochen lang kaum gehen kann. Das ist mal ganz gut, aber ich vergesse halt auch immer, dass das auf drahtige 8-Jährige ausgelegt ist, nicht auf müde 40-somethings wie mich.
Jedenfalls hat das erstaunlich schnell geholfen, dass ich mich mehr traute (das und ein frischer Schliff… haha). Ich hatte damit schon nicht mehr gerechnet. Aber es macht auch was mit deinem Hirn, wenn du dich täglich zu was aufraffst. Ich meine, um Sport zu machen, muss man halt Sportler sein, und eine faule Sau, die lieber auf der Couch sitzt und irgendwas glotzt, ist halt kein Sportler, sondern ein Möchtegern. Wenn du Sportler sein willst, musst du dich auch wie einer verhalten.
Auf dem Arsch sitzen kann man abends um 9 auch noch. Aber wenn man morgens schon aufwacht mit dem Bedürfnis sich am liebsten wieder umzudrehen, dann ist man einfach eine schlappe Sau und muss dringend an sich arbeiten. Das ist kein normaler Zustand für einen gesunden Menschen. Da ist auch „aber ich habe Kinder“ oder „nach der Arbeit bin ich aber fertig“ kein Grund. Nach der Arbeit aka 8h Sitzen?
Also als ich noch im Krankenhaus gearbeitet hab, hätt ich das vielleicht sagen können, aber wer nach 8h sitzen „fertig“ ist, der hat sie nicht alle. Nach 8h Sitzen musst du gefälligst das Bedürfnis haben, 10 km zu rennen, nicht noch 8h die Backen zu plattieren. Ich hab nur den Eindruck, dass sich einige lieber vom Internet das Gegenteil einreden lassen wollen.
Von allen Seiten wird man vollgequatscht, dass man gut so ist wie man ist. Naja, also wenn du wirklich gut bist, stimmt das vielleicht, aber was ist an einer Gesellschaft mit 50% Übergewichtigen bitte „gut“ genug? Die Hälfte der Deutschen reißt’s ja offenbar nicht gesundheitlich. Und das ist der Maßstab. Da muss man erst mal drüber kommen, und da ist man immer noch nicht „fit“ im Sinne dessen was so’n Urmensch gewesen wäre, der den ganzen Tag rumrennt, wie’s für unseren Körper nötig wäre.
Ja, also merkt man vielleicht, ich bin kein Fan von Akzeptieren, Wohlfühlerei und dem ganzen Geschwafel. Man kann sich auch wohlfühlen ohne ne schlappe Nudel zu sein. Und wenn man gescheit Eislaufen will, muss man eben durchziehen und nicht rumheulen. Vom Rumheulen lernt man nix.
Ich war auf jeden Fall sehr positiv überrascht vom Training und ein bisschen auch von mir selbst, dass ich das Land der Faulheit endlich hinter mir gelassen habe. Jetzt fühle ich mich nicht nur fitter, ich sehe auch besser aus und habe bessere Laune und mehr Kraft im Alltag.
Das ist wirklich eine der großen Fragen in meinem Leben gewesen: Woher nehmen Leute die Energie? Wieso sind andere Leute abends nicht so platt wie ich? Die Antwort ist in den meisten Fällen nicht, weil man so viel macht und deswegen fertig ist, sondern weil man eben zu wenig macht. Und wenn man sich einmal auftrainiert hat, so dass man ein gewisses Level hat, dann ist es ja auch wieder leichter das zu halten. Aber dafür muss man halt mal ein paar Monate Zeit investieren und andere Sachen hinten runter fallen lassen. Ich kenne niemanden, der in diesem Sport gut ist und nicht Unmengen an Zeit und Arbeit investiert hat. Nicht einen Menschen kenn ich, bei dem das so wäre, Talent hin oder her.
Häufige Fehler beim Off-Ice Training
Der Effekt von Off-Ice-Training ist also meiner Meinung nach relativ schnell zu spüren, aber ich glaube, die meisten Leute machen dabei ein paar Fehler, denen ich noch diesen vorletzten Abschnitt widmen möchte:
- das Training ist zu intensiv / zu lang
- die Übungen sind nicht eisspezifisch
- es wird nicht funktional sondern auf Kraft allein traininert
Bestes Bsp. für Punkt 3 ist die Beinpresse. Tolles Gerät, konnte ich fast 400 kg drauf stemmen horizontal. Und keinen einzigen Sprung. Weil man, wenn man auf einem Gerät traininert, v.a. eins lernt: Das Gerät zu benutzen. Und sonst erst mal gar nichts. Bei einem hochfunktionalen Sport wie Eiskunstlauf, bei dem es auf Muskelgruppen(!) ankommt und deren funktionale Stimulation und Kondition, bringen solche Einzel-Muskelfädchen-Übungen meist überhaupt nix. Ich konnte auch Deadlifts und allen möglichen Müll, von dem man körperlich nichts hat außer ein höheres Risiko für Bandscheibenvorfälle. Das sind alles nutzlose Übungen für einen Eiskunstläufer.
Ausgleichssportarten für Eiskunstlauf
Und zum Ausgleich braucht man das schon gleich gar nicht. Zum Ausgleich für Eiskunstlauf kann man am besten Sportarten machen, die den Oberkörper beanspruchen oder die Symmetrie im Körper fördern. Zum Beispiel:
- Kraulschwimmen
- Calisthenics
- Akrobatik oder Luftakrobatik
- Yoga und Pilates (besonders: Power-Yoga, Vinyasa-Yoga)
- Krafttraining für tiefe Bauchmuskeln (neudeutsch „Core-Training“), Rücken, Schultergürtel und Arme (wäre hier der einzige Anwendungsfall fürs Gym, aber das bisschen kann man auch im Park machen, oder paar Liegestütze und Hantelübungen zu Hause)
Der Schultergürtel und die Rumpfmuskulatur sind sehr wichtig um Kanten halten zu können, da man sonst frühzeitig die Schultern gegen die Beckenebene verdreht, wodurch die Kurve enger wird und man sich schneller umdrehen muss – ergo: alle Anläufe werden schwieriger, wenn man schlaffe Schultern hat (Grüße gehen raus an alle, die 8h im Büro hocken).
Fazit
Regelmäßiges Off-Ice Training kann den Unterschied zwischen Stagnation und Fortschritt im Eiskunstlauf ausmachen. Wer sich konsequent an einen sinnvollen Trainingsplan hält, wird mit mehr Stabilität, besseren Sprüngen und mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten belohnt.
Schreibe einen Kommentar