Weststadion München unter Wasser. Wenn es so aussieht, kann man nicht Eislaufen.

München braucht mehr Eishallen!

Die einzige Eishalle in München ist die Olympiahalle. Und das ist zu wenig. Das merken wir Eissportler an so vielen Dingen im Alltag! Es gibt nicht genug Trainingszeiten für uns (oder man muss ans andere Ende der Stadt fahren). Es gibt kein Training sobald das Wetter nicht mitspielt. Und im März ist Schluss mit der Saison.

Heute etwa fiel unser Training im Weststadion wetterbedingt aus. Denn bei viel Wind und Sonne kann man das Eis einfach kaum abziehen. Viele ärgert das, aber der Eismeister kann da wirklich nicht groß was machen. Du fährst drüber und nach 20–30 min Wind sieht es wieder aus wie vorher: alles schwimmt.

Das Problem gibt es natürlich nur in offenen Anlagen. Wenn man den Luxus hat, in einer Halle zu trainieren, passiert sowas nicht. Aber die einzige Halle in München ist die Olympiahalle. Und das obwohl mehr geplant ist (3+1 neue unterirdische Eishallen sollen entstehen) und es einst auch schon mal mehr gab (die SoccArena war eine Eishalle und es gab sogar eine Publikumseisfläche vor dem Stadion draußen, zusätzlich zu den anfangs drei Hallen für die Sportler, wie man auf alten Fotos sehen kann).

Das Weststadion bei Überschwemmung. Scherz! So sieht es aus, wenn der Wind weht und ein bisschen die Sonne scheint. Eisfläche nicht nutzbar. Und das meistens für mehrere Tage.

München will kein Geld ausgeben für Eiskunstlauf

Doch der Eissport ist das Stiefkind Münchens. Wenig Förderung, kaum Marketing, und die ganze finanzielle Belastung liegt auf den Eltern und Vereinen. Von Modernisierung ist keine Rede. Man kriegt ja nicht einmal die Instandhaltung hin.

Wo man auch hinkommt, kaputte Spinde, verschlissener Fußboden, heruntergekommene Sanitäranlagen, Öffnungszeiten, die nur für Kinder und Rentner geeignet sind – aber Kaffee für 2,80€ verkaufen und alles mit spuckhässlichen Werbeflächen zukleistern, das können sie…

Die Ticketpreise werden auch ständig erhöht – wegen der Energiekosten. Nicht etwa wegen irgendwelcher Verbesserungen (die übrigens von anderen Betreibern sehr wohl durchgeführt werden – der Eiszauber am Stachus hatte dieses Jahr etwa in ökologische Maßnahmen wie zB. eine neue Isolation investiert).

Ich frage mich dann oft: Wie sind wir nur dahin gekommen? Wie ist es zu diesem absolut peinlichen und standesungemäßen Abstieg im Eiskunstlauf gekommen, für eine Stadt wie München? Wisst ihr, wie viele Schwimmhallen München hat? Drei. Man kann sich offenbar leisten, diese ganzjährig zu betreiben (und zu beheizen). Aber eine Eishalle mehr, das ist definitv zu viel verlangt. Das geht nicht. »Wegen der Umwelt…« Nee, ist klar.

Die Olympia-Trainingshalle (und theoretisch auch noch die angrenzende Hockeyhalle, ist aber weniger relevant) ist die einzige Halle, die Eiskunstläufer in München nutzen können. Hier trainieren die Leistungssportler. Vereinssportler können sie nicht nutzen, außer im öffentlichen Lauf. Die Zeiten hierfür sind aber für arbeitende Menschen sowieso vollends unbrauchbar. Dem Vereinssport fehlt einfach eine eigene Halle. Das Interesse wäre da, die Förderung aber nicht.

Münchner Eislaufvereine haben keine Halle

Wer jetzt mitgerechnet hat, denkt vielleicht: Aber dann haben wir doch schon zwei Hallen (die Olympia-Hockeyhalle und die Olympia-Trainingshalle)… Ja. Theoretisch schon. Aber praktisch ist das ein- und derselbe Standort, und auch wenn in der Hockeyhalle öffentlicher Lauf stattfindet, ist diese der Haupttrainingsort der Hockey-Mannschaft, nicht der Eiskunstläufer. Und Vereinssport (abgesehen von Vereinsmitgliedern, die in eigenen Trainingszeiten komplett abseits vom Breitensport der Vereine und auf eigene Kosten trainieren) gibt es dort überhaupt nicht.

Man kann diesen Standort aus Sicht der Vereine und v.a. des Erwachsenensports also gar nicht mitzählen. Und das finde ich ziemlich erwähnenswert, denn Eiskunstlauf ist ein wenig nachhaltiger Sport, menschlich betrachtet. Die Wettkämpfer werden immer jünger und der Verschleiß ist enorm. Gerade deshalb finde ich es aber besonders wichtig, diesen Sport nachhaltiger zu gestalten und attraktiver für alle Altersgruppen, d.h. Erwachsene und Jugendliche zu fördern, im Vereinssport. (Mal abgesehen davon, dass der Leistungssport ebenfalls von mehr Kapazitäten profitieren würde, ist ja völlig klar…)

Ich finde das, was hier in München passiert, einfach nur noch peinlich. Ich meine, die einzige Großstadt in Bayern mit Bezug zum Wintersport legt keinen Wert auf Eiskunstlauf? Die Großstadt München kann sich Eiskunstlauf nicht leisten? Wie erbärmlich ist das bitte?

Man vergleicht sich doch sonst ständig mit Berlin. Unsere S-Bahn käme ja seltener zu spät, wa? (Wenn sie kommt.) Wisst ihr was Berlin hat, wovon München nur träumen kann? Korrekt. Ein ganzjährig geöffnetes Eisstadion. Ähm, ich meine drei. Drei Eisflächen insgesamt (zwei davon in einem Komplex, eine nur für Kader, soweit ich mich entsinne aber ist auch, egal, der Punkt ist…). Könnten wir uns mal ne Scheibe von abschneiden.

Pläne gibt es auch immer mal wieder dazu. Oder besser Träume. Das Weststadion sollte angeblich auch mal ein Dach bekommen, aber in der Pandemiezeit sind diese Ideen dann wohl komplett vom Tisch gekommen. Dabei wäre das doch ein schönes Hockey-Stadion, zwinker zwinker…?! Wenn man schon kein Interesse an uns langweiligen Eiskünstlern hat… Da könnte man doch noch etwas Geld ins Eishockey reinschieben. Wir nehmen schon die Reste, das was abfällt. Sind wir dran gewöhnt.

Ich meine, dass sich keiner für uns Eiskunstläufer krumm machen will, und wir gefälligst dankbar für den Trickle-Down-Effekt aus der Kreisliga zu sein haben, ist eh klar. Also Leute, lieber die Klappe halten, schlucken und sich bloß nicht beschweren. Nicht, dass man uns noch was wegnimmt von dem kargen Mahl.

Eiskunstläufer sollen gefälligst für das absolute Minimum dankbar sein

So zumindest scheint der Tenor in München, wen man auch fragt. Wir können froh sein, dass wir überhaupt… Wir können froh sein über das Angebot… Wir können froh sein, dass wir ein Förderstandort sind… Ich kann eigentlich nur gähnen, wenn ich diese olle Leier höre.

Es ist einfach unglaublich inauthentisch. Warum fahren denn bitte im Sommer alle nach Oberstdorf und niemand fährt von irgendwo nach München? Nicht weil Oberstdorf so ein großartiger toller Ort ist (es sei denn, man steht auf räudige Pensionen im Jäger-Stil zu Messe-Preisen). Sondern weil Oberstdorf ein dickes fettes Eissportzentrum hat, genau wie Garmisch.

Hätten wir irgendwann in den letzten 50 Jahren mal mehr investiert, könnte München auch ein Eissport-Hotspot sein. So hingegen sind wir das lächerliche Schlusslicht, im Sommer angewiesen auf die Infrastruktur anderer Standorte, im Winter Bittsteller des Hockeysports. Und das… das ist einfach nur wahnsinnig schade.

Übrigens habe ich auch so meine Probleme mit dem geplanten Bau der drei SAP-Hallen, die hier dem Naiven suggerieren sollen, dass Abhilfe naht (lest mal das Kleingedruckte, sag ich dazu nur).

Erstens wird dies nicht mehr unter dem Dach des Olympiaparks sein. Das ist ein davon losgelöstes Geschäft, und es wird vmtl. auch wieder extrem Hockey-orientiert sein, und zweitens stelle ich mir diesen unterirdisch geplanten Eisbunker auch einfach komplett deprimierend vor. Also schön ist was anderes:

Mit den Plänen für den SAP-Garden wird die Trainingshalle den Eiskunstläufern nicht mehr zugänglich sein. Stattdessen dürfen wir dann in der deprimierenden Hockey-Grotte trainieren.
Wie toll. Wenn man uns loswerden will, kann man einfach auf Basketball umstellen. Was immer auch die Kassen fühllt. Eiskunstlauf einfach so fördern findet München offenbar irrelevant. Am besten an private Investoren auslagern, dann ist es nicht mehr »unser Problem«…

Sie wollen uns die Olympiahalle wegnehmen

Ästhetik ist hier einfach untergeordnet. Und das trifft einen irgendwie, wenn man einen Sport betreibt, der eine Mischung aus Tanz, darstellender Kunst und Bewegung ist. Die Olympiahalle (ich meine die Trainingshalle, und nicht den angrenzenden Hockey-Sarg) ist aktuell nicht nur die einzige Halle – sie ist auch die schönste weit und breit. Hell, weiß, schlicht, keine Werbung. Wie uncharmant und flach, dieses Herzensstück Münchner Sportarchitektur beenden zu wollen, um es durch eine seelenlosen Tiefbunker zu ersetzen, der sich »perfekt in die Landschaft einfügt«. Am besten, man sieht uns überhaupt nicht mehr.

Aus diesem Paradies wollen sie uns vertreiben und dann in die hässliche Eis-Tiefgarage verfrachten. Ich meine, man muss wirklich kein Architekt sein, um zu sehen, welches Modell ästhetischer ist.

Wie sinnvoll und schön wäre es doch, wenn statt dessen die Trainingshalle dem Eiskunstlauf bliebe? Und zwar nur dem Eiskunstlauf. Das wäre so wunderbar passend. Und mei, wegen mir gebt uns noch das Hockeyding von nebenan dazu. Nehmen wir.

Die Stadt München glaubt es doch bitte selbst nicht, dass kein Bedarf bestünde, und dass die gesammelte Eiskunstlauf-Nische nicht die schöne helle Halle diesem Tiefbunker mit Dauerwerbung vorziehen würde. Da lach ich mich doch tot. No way. Wir würden diese Halle gern erhalten sehen. Da könnt ihr jeden fragen, der dort trainiert.

Aber man wird nicht gefragt. Und wenn doch, dann wird auch keiner über das Bauprojekt schlechte Worte verlieren. – Das ist unsere gut eingeübte »Man kann froh sein«-Mentalität. Und vielleicht kann man wirklich »froh« sein. Das streite ich gar nicht ab. (»Gestern warst du fröhlich, heute bist du froh… dass dein Gegenüber dich nicht schlägt« heißt es in einem Song von Element of Crime) Klar. Wenn ich mir ansehe, wie günstig München immer noch liegt… Wie viele Angebote es im Winter gibt… Und auch die zahlreichen Stunden für Erwachsene. – Ja. Das gibt es tatsächlich andernorts nicht.

Nur was ist das denn bitte für ein Maß? Was wäre dieses Scheinargument für ein weiteres Armutszeugnis für München? »Hey, schaut mal, woanders ist es viel schlechter als hier!« Ist diese Arroganz nicht schon an unserem Schulsystem gescheitert? Können wir diesen Quatsch vielleicht mal lassen?

»Besser als nichts« ist ein Euphemismus für »weit entfernt von gut«

Mein Punkt ist aber nicht, dass man nicht dankbar sein darf für das, was man hat. Sondern dass München ein Exzellenzstandort sein könnte, und das nicht ist, weil man mit der jetzigen Politik der Olympiageschichte Münchens absolut nicht gerecht wird. Man tritt sie mit Füßen. – Das beste Beispiel hierfür ist übrigens die unbotmäßige Schließung der Eishalle für das 50-jährige Olympiajubiläum 2022. »Wir feiern 50 Jahre Olympia«, und zur Feier des Sports schließen wir einfach mal alle Athleten von ihrem Sport aus und zeigen ihnen den Dicken. Statt im Juli machte die Eishalle dann erst im September auf. Ganz großes Tennis, München, ganz großes Tennis.

Ja. Man könnte mehr machen, wenn man wollte. Für einen Standort wie München ist das, was aktuell geboten wird, nicht entsprechend. Und auch die Ausrede, dass es nicht rentabel sei, ist irgendwie absurd. Bitte was?

Wir leben im Internetzeitalter, wo jedes dumme Katzenvideo viral geht. Jeden Tag werden tausende neue Eislaufvideos hochgeladen. Eiskunstlauf erlebt gerade eine Renaissance und Deutschland hört den Knall mal wieder als Letztes.

Das Prinzregentenstadion muss wegen des Andrangs jedes Jahr einen Aufnahmestopp machen. Die Schnupperstunden sind voll. Was soll der Unsinn? Natürlich ist Interesse da. – Ich kann einfach all diese lahmen Ausreden nicht mehr hören.

Schäm dich, München. Schäm dich, dass du deine Eiskunstläufer so vernachlässigst. Wir könnten so viel mehr! Wir könnten ein klasse Standort für diesen Sport sein. Die Infrastruktur ist da, die Leute sind da, die Trainer sind da, die Vereinsstrukturen bestehen. Worauf wartet ihr bitte?


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