Eiskunstlauf-Basics: In welcher Reihenfolge lernen?

In welcher Reihenfolge sollte man eigentlich die Basics bzw. Grundlagen im Eiskunstlauf lernen? Ich fahre jetzt seit Januar 2022 mehr oder weniger hilflos auf dem gefrorenen Wasser herum (mehr kannst du gern meinem Trainingstagebuch entnehmen), und vielleicht hilft diese kleine Zusammenfassung meiner Erfahrungen dieser ersten zweieinhalb Saisons (Ende 22, 22/23 und jetzt 23/24) ja dem ein oder anderen…

Reihenfolge für Basics im Eiskunstlauf: Was zuerst lernen?

Meine Eiskunstlauf Basics „Roadmap“ würde ich heute so planen, wenn ich noch mal könnte oder müsste:

Absolute Eiskunstlauf-Basics

  1. Vorwärtslauf, Zitronen und zweibeiniger Slalom
  2. Stoppen (Schneepflug und am besten gleich mit Hockestopp anfangen)
  3. Rückwärtslauf
  4. Ausdauer-, Geschwindigkeits- und Krafttraining
  5. vw Chassés
  6. vw ew Bögen
  7. vw aw Bögen
  8. rw aw Bögen
  9. Spaß-Übungen wie Flieger, Kanone, Hocke, Fechter etc.
  10. vw aw Dreierschritt
  11. vw Übersetzen
  12. rw Übersetzen
  13. einbeiniger Slalom
  14. vw ew Dreierschritt
  15. Pirouetten (erst zweibeinige Standpirouette, dann gleichzeitig einbeinige Pirouette und zweibeinige Hockepirouette)

Erste Schrittfolgen und Bögen

Es gibt viele verschiedene Schrittfolgen, da ja prinzipiell alles miteinander kombiniert werden kann, aber die bekanntesten Anfänger-Schrittfolgen sind:

Immer eine gute Übung sind wechselnde Bögen. Dabei macht man zwischen zwei Bögen einen Schritt, der Kante und Seite und Richtung so wechselt, dass die Bewegung gespiegelt fortgesetzt werden kann. ZB. kann man im Wechsel je L/R machen:

  • Englische Dreier
  • Kantenwechsel ohne Zwischenschritte
  • Twizzles (Doppeldreier einwärts)
  • Doppeldreier auswärts
  • Übersetzen je links bzw. rechts oder von vw auf rw
  • rw übersetzen, Ausfallschritt
  • rw übersetzen, ew oder aw stehen
  • Flieger vw aw (später: vw ew und rw aw)

Reihenfolge, in der man die Sprünge lernen kann

  1. Springen auf dem Kreis während der Fahrt ohne Drehung (beide Richtungen)
  2. 180° Drehsprung beidbeinig (beide Richtungen)
  3. Pferdchenhüpfer und/oder Seit-Hüpfer (beide Richtungen)
  4. 360° Drehsprung beidbeinig (beide Richtungen wenn möglich)
  5. Dreiersprung über Hindernis oder aus dem Stand (auch beide Richtungen wenn mgl.)
  6. Dreiersprung auf dem Kreis, d.h. kurz vw oder rw übersetzen, je nach Richtung (von vw = 2×, von rw = 1×) umsetzen mittels eines Schrittes von rw-aw auf vw-aw, dann Absprung von vw-aw
  7. Salchow von aw Dreierschritt ausgehend
  8. Dreiersprung – seitlicher Hüpfer – Dreiersprung
  9. Dreiersprung – seitlicher Hüpfer – Salchow
  10. Toeloop (von vw ew Dreierschritt aus)
  11. Flip (von vw aw Dreierschritt aus)
  12. Rittberger von einwärts-einwärts Bögen
  13. Dreiersprung-Rittberger
  14. Lutz (aus dem Kreis, übersetzen, Bogen auswärts fahren, so dass man auf die Außenkante kommt)
  15. Rittberger aus dem Übersetzen

Interessante Elemente, die man später dazu nehmen kann

  1. Flieger rückwärts
  2. Zirkel
  3. Doppeldreier ew und aw
  4. Twizzles
  5. Spagatsprung oder Bell-Jump (ist wie ein 2/3 Axel)
  6. Sitzpirouette
  7. Waagepirouette
  8. Rückwärtspirouette
  9. Layback-Pirouette

Warum sollte man die Eiskunstlauf-Basics in dieser Reihenfolge lernen?

Erstmal: Du musst gar nichts. Du kannst es komplett anders machen. Die hier beschriebene Reihenfolge basiert lediglich auf meiner Erfahrung, auf Beobachtung und darauf, wie mein Kind, die im Leistungssport trainiert, es gelernt hat. Kinder lernen anders als Erwachsene und ich finde es auch total legitim, wenn man als Erwachsener sagt: Nein, ich möchte jetzt erst X lernen, weil mich das eben motiviert.

Das einzige, was dagegen spricht, ist wenn man sich dadurch unnötig einem Verletzungsrisiko aussetzt. Bestes Beispiel: Sprünge „lernen“ ohne Kanten. Joa, dann mal viel Spaß beim Hinfallen, weil du nicht ordentlich im Auslauf stehst. Kannste machen, ist haber halt sch…

Oder wie sagt man so schön, wenn man jemandem nicht ins Gesicht sagen will, dass etwas eine verdammt dumme Idee ist? „Muss jeder selbst wissen.“, „Für mich wäre es nichts, aber gönn dir“… Oh, und: „You do you.“ You do you, aber dann wunder dich nicht, wenn du nach zwei Jahren genauso schlecht fährst wie ich, ich war nämlich auch mal dumm und wusste alles besser.

Laufschule

Aber nun zu der Reihenfolge und dem Warum und Wie. Am Anfang steht immer die Laufschule. Da lernt man:

  • vorwärts und rückwärts fahren (und dabei über die Schulter gucken)
  • Stoppen (und zwar rechtzeitig)
  • Slalom auf zwei Beinen und Zitronen
  • auf einem Bein fahren (Storch)
  • Sprünge auf zwei Beinen
  • Pirouetten auf zwei Beinen
  • in der Hocke fahren
  • Drehungen auf 2 Beinen während des Fahrens (Vorübung für Dreierschritt)

Mit diesen Basics kann man im Prinzip noch nichts, außer sich halt einigermaßen auf dem Eis zu bewegen. Ich fand es, um ehrlich zu sein, ziemlich ernüchternd, und ja, ich denke, dass man gerade für Erwachsene, die kognitiv schneller Bewegungsabläufe begreifen können und bei denen es eher an psychischen Blockaden und Kraft als an Verstehen und Nachmachen scheitert, das Lernen komplett anders gestalten könnte. Erwachsene lernen komplett anders als Kinder, viel weniger intuitiv, mehr logisch, und durch gutes Erklären geht vieles schneller. Leider wird das total oft vernachlässigt.

Ich denke deshalb, dass man, auch autodidaktisch, die liebe alte „Laufschule“ selber erweitern kann, zB. mit folgenden Übungen:

  • Geschwindigkeitsübungen und Koordination (zB. Slalom mit Armen jeweils in Gegenrichtung zu Knien, zügig fahren, auch gern rückwärts)
  • Fechter und Flieger (können beide an der Bande geübt werden, und das geht, sobald man auf einem Bein fahren kann, gibt keinen Grund damit zu warten)
  • Dreierschritt mit korrekter Armhaltung (kann man auf zwei Beinen üben, bis es perfekt sitzt und dann direkt auf einbeinig umsteigen, sobald man sicher ist)
  • Hockepirouette (da vielen die Sitzpirouette total schwer fällt, gibt es echt keinen Grund, die Hockepirouette nicht sobald die Standpirouette auf zwei Beinen auch nur halbwegs geht, gleich mit anzufangen)

Außerdem bietet es sich an, auch off-ice zu üben:

Off-Ice Training für Anfänger

Gute Off-ice Übungen für erwachsene Anfänger sind zB.

  • Koordinationsübungen mit dem Springseil (dazu gibt es Bücher, einfach mal selber googlen)
  • Sprung-Training (kann man online machen, viele YouTuber haben auch Videos dazu, zB. Coach Michelle Hong)
  • Flexibilität (auch hier ist YouTube hilfreich, zB. die Übungen von Anna McNultey oder Sofabar von Sofie Barnova, welche übrigens in Oberstdorf trainiert und unterrichtet!)

Dehnen und Krafttraining sind nicht zu unterschätzen. Zwar erzählen einem irgendwie sämtliche autodidaktischen TikTok-Eisläufer, dass man ja „nicht flexibel sein muss“ oder auch gepaart damit, dass man „in jedem Alter mit Eiskusntlauf anfangen kann“, was aber beides leider gelogen ist. Nein, man sollte im höheren Alter keinen Sport mit Sturzrisiko beginnen – einfach nein. Oder bitte erst nach Knochendichtemessung. Eine Oberschenkelhalsfraktur ist absolut unschön und Eiskunstlauf ist prädestiniert dafür, dass man auf Hüfte, Knie, Ellbogen, Handfläche (Radiusköpfchenfraktur, die häufigste Fraktur der Welt!) oder das Steißbein fällt. Ab 60 sollte man wirklich hinterfragen, ob man das als Anfänger noch riskieren muss. Und auch ab 50 haben viele Frauen bereits hormonell bedingt Probleme mit der Knochendichte. Ich denke, da gibt es wirklich sinnvollere Sportarten und man sollte es erst abklären. Und dazu kommt auch der Fakt, dass es ein riesen Unterschied ist, ob man mit 20, 30 oder 40 anfängt. Ja, du wirst mit 20 in aller Regel rasantere Fortschritte machen als mit 40. Im Durschschnitt. Irgendwelche Ausnahmen sind schön – und völlig irrelevant.

Das gleiche mit Dehnbarkeit. Ja, selbstverständlich hat man ein viel geringeres Risiko, sich etwas zu zerren, wenn man ausrutscht und im Spagat landet, weil die Beine gedehnt sind. Ist doch logisch. Natürlich ist es weniger gefährlich und macht auch mehr Spaß dadurch. Und absolut fallen einem extrem viele Figuren deutlich leichter als jemandem, der steif wie ein Brett ist. Ich verstehe absolut gar nicht, wie Leute online immer labern können, dass man für Eiskunstlauf (nicht Eislauf!) nicht flexibel sein müsste… Ja klar, wenn ihr nur geradeaus fahren wollt, ist es egal. Aber für alles andere nicht. Ich empfehle jedem, nicht so eine faule Sau zu sein wie ich und gleich mit Yoga, Pilates oder Ballett-Stretches anzufangen. Ihr reduziert euer Verletzungsrisiko und macht euch das Üben leichter.

Eiskunstlauf-Sprünge lernen, wie schnell geht das?

Bei den Sprüngen bin ich mir mit mir selbst nicht ganz einig, aber die o.a. Reihenfolge, in der man die Eiskunstlauf-Sprünge lernen sollte, ist relativ bekannt und unterscheidet sich von Verein zu Verein nur wenig. Sowohl ich als auch mein Kind lernen die Sprünge nach diesem Schema.

Sollte man „einfache“ Sprünge wie den Dreiersprung früh lernen oder sich selbst beibringen?

Also möglich ist es schon. Allerdings haben auch Sprünge wie der Dreiersprung eine bestimmte Technik, die man umsetzen können sollte, und außerdem ist er die Voraussetzung für Salchow, Toeloop und Axel. Der Dreiersprung sieht eigentlich nur leicht aus, wenn man keine Ahnung hat, und es ist schwer, den Sprung richtig zu lernen ohne Trainer.

Egal welchen Sprung ohne Trainer zu lernen ist eigentlich eine dämliche Idee. Der einzige Grund, das zu machen ist wenn man absolut gar kein Geld hat, aber dann sollte man auch kein Netflix-Abo haben, keine Süßigkeiten kaufen, nicht essen gehen, nicht saufen gehen usw… Denn eine Trainerstunde kostet zwischen 30 und 70€, und das haut man an einem Abend in einer Bar raus, also das Geld sollte einem der Sport schon wert sein, warum macht man es sonst bitte? Verstehe sowas nicht. Eine Stunde mit Trainer bringt so viel wie Wochen alleine. Wochen. Das kann man sich mal gönnen und dafür ein Wochenende nicht feiern gehen.

Mal abgesehen davon, dass man es, wenn man sich anstrengt, auch noch viel günstiger im Verein lernen kann in der Gruppe. Das Problem mit dem Vereinstraining ist nur, dass man eben als Erwachsener nicht besonders gefördert wird und teilweise mehrere Saisons vergehen, bis man endlich soweit ist, dass man wirklich springen kann und soll. Und so sehr ich Fan davon bin, die Basics zu beherrschen, ich verstehe es halt, dass niemand zwei Jahre lang Außenkanten üben will und nicht einen einzigen Sprung. Ich denke, dass es für fast jeden Menschen zwischen 3 und 50 realistisch ist, innerhalb eines Jahres bis mindestens zum Dreiersprung zu kommen, vorausgesetzt man trainiert mind. 2× pro Woche. Wie gut er aussieht am Ende, sei mal dahingestellt. Aber das sollte wirklich drin sein, und trotzdem gibt es genug Erwachsene, die nur absolut zäh und langsam vorankommen, und das liegt nicht nur an denen, sondern auch am Training, den zu vollen Gruppen oder daran, dass nicht genügend Trainer da sind und die Gruppen deshalb sehr groß werden.

Trotzdem würde ich davon abraten, Sprünge zu lernen, bevor man nicht wenigstens einigermaßen sicher fährt. Sicher ist nicht das gleiche wie technisch korrekt. Auch die Kinder im Leistungssport fahren nicht perfekt. Auch sie lernen immer noch übersetzen und üben es jede Stunde, selbst wenn sie schon Kombinationssprünge machen. Das heißt aber nicht, dass du jetzt los gehen kannst, mit absolut räudigen Kanten, nicht mal in der Lage beim rückwärts Fahren in Fahrtrichtung zu schauen, weil deine Schultern so steif sind, und ständig damit beschäftigt mit den Armen zu rudern, weil keine Koordination… dass du jetzt anfängst und auf Axel trainierst. Also jedenfalls nicht auf dem Eis. Sowas ist illusorisch. Gibt es aber immer wieder… Die Abgründe auf TikTok sind zT. wirklich lustig. Da findet man Influencer mit tausenden Followern, die sich selbst alles falsch beibringen, gleichzeitig Tips ablehnen, Coaches ablehnen und damit noch andere „inspirieren“, sich dem unnötigen Verletzungsrisiko auszusetzen, dass sie durch minimales Vereinstraining schon reduzieren könnten…

Fazit

Zusammenfassend also: Gibt es eine Reihenfolge, in der man die Basics des Eiskunstlauf lernen sollte? Ja. Schon. Natürlich kann man es individuell gestalten. Aber das Muster sieht schon überall auf der Welt recht ähnlich aus. Manche Sachen fallen auch durchaus leichter, wenn man sie nacheinander lernt statt durcheinander.

Trotzdem gibt es Ausnahmen, und ja, leider hilft einem dabei nicht immer ein Trainer, leider ist das Gruppentraining selten individuell, weil dazu auch die Kapazitäten fehlen. Aber das heißt ja nicht, dass man damit nicht arbeiten kann und sollte. Ich weiß auch, dass ich den Rittberger definitiv vor dem Toeloop lernen werde, weil 1T einfach viel schwerer ist… also vorausgesetzt man möchte den Fuß richtig rum bringen. Und ich habe dafür einfach kein Talent. Fällt mir eben schwer. Andere lieben den Sprung. Andere lernen den Salchow lieber aus dem Mohawk, ich hab das probiert, aber Dreier geht doch besser… das findet man schon raus, wenn man wirklich will. Wichtig ist, dass man auch mal Rat annimmt, und der seit Jahrzehnten etablierten Systematik nicht komplett den Rücken kehrt, nur weil irgendwas nicht gleich auf Anhieb klappt.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Eiskunstlauf-Basics: In welcher Reihenfolge lernen?“

  1. […] solche Gemeinschaft findest du zum Beispiel auf Plattformen wie Eiskunstlaufblog oder den Diskussionsforen der Eislauf-Union, wo sich alles um das Thema Eislauf […]

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