Über die ganze Zeit, in der ich als eher mäßig talentierte Anfängerin versucht habe, in diesem Sport Fortschritte zu machen, habe ich so einige komische Erfahrungen mit Trainern gesammelt. Mir geht es hier aber nicht darum, einzelne Leute an den Pranger zu stellen, sondern generelles toxisches Verhalten. Ich bin der Meinung, dass viele erwachsene Anfänger solche Sachen erleben, und möchte euch auf diesem Weg mitgeben, dass man sich diesen Stuss absolut nicht zu Herzen nehmen muss. Es gibt überall Leute, die euch Misserfolg mehr gönnen als Erfolg, und die nicht mal einen Grund dafür haben. Und es gibt überall kompetente und inkompetente Trainer, das ist einfach das Leben, genau wie es inkompetente Ärzte, Lehrer oder <beliebigen Beruf hier einfügen> gibt. Ich hätte mir zu der Zeit als ich mit dem Sport angefangen habe aber gewünscht, Leute zu treffen, die mehr wegweisend, hilfreich und nicht dogmatisch sind. Deswegen richtet sich dieser Beitrag gegen genau diese Attitüde. Gegen die ewig Gestrigen, die Besserwisser und die, die einem regelmäßig und grundlos den Wind aus den Segeln nehmen in diesem Sport. Euch braucht wirklich keiner.
»Wenn du es einmal falsch lernst, dauert es 200 Stunden, bis du den Fehler ausbügelst.«
Diese Aussage höre ich immer wieder, vor allem online. Auch in meiner eigenen musikalischen Ausbildung habe ich das immer wieder gesagt bekommen. Wenn du dir einmal einen Fehler antrainiert hast, braucht es 4000, 10000,….? Wiederholungen, bis er ausgebügelt ist. Oder so ähnlich.
Während ich schon glaube, dass da etwas dran ist, habe ich eine komplett andere Vorstellung von einem guten Umgang mit Fehlern. Einer Fehlerkultur im Sport.
Fehler sind normal, müssen passieren, sind Teil des Lernens und sollten nicht dämonisiert werden. Wer so denkt, sagt nämlich:
- Es ist ganz leicht, etwas falsch zu machen.
- Wenn du es einmal falsch machst, ist das ganz schlimm.
- Dann dauert es vielleicht ein Jahr, bis du es richtig kannst.
- Das wird dich zurückwerfen hinter Andere und du wirst keine Fortschritte machen.
- Nur mit einem Trainer kannst du etwas richtig lernen, mach bloß nichts alleine, sonst geht es schief!
Diese Aussagen würde ich gern umformulieren, so dass aus negativen und selbstsabotierenden Glaubenssätzen, die nur das eigene Selbstbewusstsein anfressen, sinnvolle und motivierende Aussagen werden:
- Jeder macht Fehler, man sollte sich dessen bewusst sein und sich Feedback holen, um weniger Fehler zu machen.
- Falsch Gelerntes lässt sich eigentlich immer korrigieren. Denn häufig lernt man Fehler durch passives, unbewusstes Durchlaufen von Bewegungen. D.h. aber auch, falsch Gelerntes lässt sich durch bewusstes aktives Lernen leicht korrigieren!
- Je nachdem, wie aktiv und motiviert man trainiert, umso schneller lernt man Fehler auszubügeln. Verbesserungen und Korrekturen sind sowieso Teil des normalen Trainingsablaufs.
- Fehler zu machen ist normal und wirft dich nicht mehr hinter Andere zurück als gar nicht zu trainieren. Die Trainingszeit zu reduzieren, nur weil man keinen Trainer hat, ist ein größerer Fehler im Vergleich dazu, vielleicht ein paar Sachen falsch zu machen, weil man alleine übt.
- Auch alleine kann man gut üben. Sobald man die Grundausführung eines Elementes verstanden hat, ist das auch ganz normal und üblich. Man kann sich selbst auch filmen und die Aufnahmen einem Trainer schicken oder selbst durchgehen und schauen, was noch verbesserungswürdig ist, indem man es mit Aufnahmen anderer Sportler vergleicht. Trotzdem ist ein guter Trainer natürlich unersetzlich und regelmäßiges Feedback hilft enorm, die eigenen Fortschritte zu akzelerieren!
»Mach lieber die Freiläufer- und Figurenläufer-Prüfung, Kürklasse schaffst du eh nicht.«
Das wurde mir tatsächlich sinngemäß so gesagt. Und es war eine der Aussagen, die mich mindestens ein Jahr gekostet hat. Denn ich habe dieser Person auch noch geglaubt. Immer wieder habe ich angefangen, Elemente der DEU-Vorprüfungen zu lernen, die meiner Meinung nach schwachsinnig und für den Wettkampf komplett egal sind. Oder wozu bitte soll ich eine Rückwärtspirouette in die Gegenrichtung können oder zweibeinig gelandete 360°-Sprünge? In welcher Kür soll ich das verwenden? Wen interessiert so etwas? Persönlich halte ich diese Prüfungen für eine komplette Frechheit. Sie werden den Kürklassen vorangestellt und das wirkt auf den Anfänger so, als seien diese Prüfungen leichter. Als müsse man zuerst das können, dann könne man sich ja mal an der heiligen Kürklasse 8 versuchen. Dazu sage ich nur eins: Diese Bremsungen auf allen 4 Kanten aus dem Kunstläufer kann meine Tochter, Kürklasse 8, nicht. Und brauchen tut sie sie auch nicht. Kunstvoll Bremsen kommt in ihrer aktuellen Kür nicht vor und auch in keiner Prüfung, die sie je ablegen musste, wozu übrigens die Vorprüfungen der DEU nicht gehören.
Und das ist auch der Grund, warum ich diese Elemente nicht mehr übe. Ich möchte keine der Vorprüfungen ablegen, da ich sie für sinnlos erachte. Einige der Elemente sind gut für die Koordination. Bei anderen kann man nur den Kopf schütteln, weil sie so praxisfern und nutzlos sind. Und zu dieser Aussage stehe ich auch. Ich habe keine Ahnung, an wen sich diese Prüfungen richten, und ich werde keine Zeit damit vergeuden, irgenwelche Gegenrichtung-Sprünge zu lernen, die mir Angst machen, mich behindern und meine kostbare Trainingszeit auffressen, nur damit ich sie dann nie verwende. Ich meine, wo soll ich denn bitte damit flexen, dass ich in beide Richtungen springen kann? Ich kann das sogar mittlerweile! Stellt euch vor, es kam einfach mit dem Stabilitätstraining off-ice und dem Üben der Einfachsprünge – von ganz allein! Hätte ich also diese Zeit genutzt, um nur diese komischen 360°-Sprünge zu lernen, hätte ich einfach nur Lebenszeit vergeudet. So habe ich 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Vielleicht kann ich auch irgendwann im Kreis auf einem Bein auf der Außenkante bremsen. Ich habe Leute getroffen, die das können. Aber mir ist es meine Zeit nicht wert. Selbst wenn ich nie eine KK mache, möchte ich diese kostbare Zeit eher nutzen um Einfachsprünge und Pirouetten zu lernen.
Und was die Person angeht, die diesen blöden Spruch gedrückt hat: sie hat selbst keine Kürklasse, und auch sonst keine Eislaufprüfung abgelegt. Den Kunstläufer übrigens auch nicht. Also passt auf, von wem ihr euch demoralisieren lasst. Üblicherweise haben genau die die große Klappe, die mit Leistungsgsport und Leistungsabnahmen gar nichts zu tun haben.
»Für einen Mohawk brauchst du gar keinen guten Turnout.«
Diese Aussage kam von einer relativ guten Läuferin und ich denke, sie war nett gemeint. Für mich hat sich das allerdings als falsch herausgestellt. Übungen für die Hüftöffnung haben mir nicht nur bei Mohawks geholfen, sondern bei ganz vielen Sachen im Eiskunstlauf:
- Dreierschritte
- Auslauf
- Flieger
- allgemeine Haltung
- Pirouetten
Alles, wirklich alles wird stabiler, wenn die Hüfte nicht ständig dagegen arbeitet! Und das macht das Eislaufen so viel angenehmer! Ich kann nur jedem Eiskunstläufer empfehlen, am Spagat zu arbeiten (Damen- und Herrenspagat). Es hilft so immens damit, in diesem Sport besser zu werden – und wenn es nur das Gefühl des Fahrens ist, dass es sich leichter und weniger behäbig anfühlt. Das gibt mir persönlich Sicherheit und einfach ein gutes Gefühl beim Training. Ich bin schneller aufgewärmt und sicherer auf dem Eis, seit ich gezielt dehne!
»Ich mache gar kein Off-Ice, das bringt mir nichts.«
Es ist kein Ratschlag, es ist mehr so ein Satz der mich beeinflusst hat. Bzw. der mich bestätigt hat auf eine dumme Art. Ich hatte keine Lust auf Off-Ice und viele Erwachsene auch nicht. Die meisten erwachsenen Läufer, die ich kenne, machen gar kein Off-Ice Training. Und das zieht sich dann irgendwie so durch, dass sie alle meinen „Ah, bringt doch eh kaum was“. Aber der Punkt ist, es dauert 2-3 Wochen, bis das Off-Ice-Training kickt, und danach muss man dran bleiben, sonst baut man sofort wieder ab. Off-Ice ist extrem wichtig, v.a. für die Sprünge, und man redet sich da echt was schön, wenn man meint, man braucht das nicht. Ich würde sogar sagen, wenn du 2× pro Woche aufs Eis kannst, dann mach 4× Off-Ice. Mindestens. Du wirst es mir danken! Das hilft so viel. Sich von Leuten belabern zu lassen, dass Off-Ice nutzlos wäre, ist ein großer Fehler und das ist wirklich mal eine Sache, die einen weit hinter das eigene Potential zurück werfen kann.
Zusammenfassend…
Ich würde sagen, dass die Qualität der Tipps, die ich im Laufe der Zeit bekommen habe, immer besser geworden ist. Das liegt auch daran, dass ich selber mehr weiß. Ich kann gezielter fragen und verstehe besser, was gemeint ist. Leider gibt es trotzdem immer wieder Leute, die entweder nicht technisch erklären wollen oder können, da soll man irgendwas fühlen oder irgendwo hin ziehen und ich weiß dann einfach nicht, was gemeint ist. Lange Zeit habe ich zB. auch nicht kapiert was „Hüfte gerade“ bedeutet, zB. beim Spagat (gemeint ist dass die Hüfte nicht geöffnet ist, oder beim Eislaufen, dass Hüfte und Schultern parallel in beiden Achsen sind). Und es gibt so viele Formulierungen und Tipps, die man als Anfänger einfach blind hinnimmt, weil man denkt, es wird schon irgendwann Klick machen, oder man fragt nicht nach, weil man sich denkt, dass man es nur nicht kapiert, weil man noch nicht weit genug ist. Aber das Ding ist, manche können einfach nicht erklären und das hat nichts mit dir zu tun. Frag einfach deine Frage. Ein guter Trainer kann es auch einem absoluten Trottel erklären. Ich würde nicht sagen, dass ich besonders talentiert bin. Trotzdem verstehe ich, was meine Trainerin von mir will und wenn ich es nicht verstehe, frage ich noch mal nach. Ihr zahlt für diese Zeit, warum solltet ihr keine Fragen stellen dürfen?
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